Am zweiten Tag unseres Grundkurses „Wandern im Mittelgebirge“ war u.a. das Thema „Navigieren mit Karte und Kompass.“ Ehrlicherweise war dies für mich völliges Neuland. Aus Bequemlichkeitsgründen habe ich bisher ausschließlich das Navigieren im Gelände mit dem Smartphone bevorzugt. Aber was ist, wenn das Smartphone gerade schlapp gemacht hat, der Akku ist leer, die Powerbank habe ich vergessen und Wegweiser und Schilder sind auch nicht zu sehen. Wo bin ich und wie geht der Weg weiter? Man sollte sich also nicht in jedem Fall auf die Technik verlassen und zusätzlich als Ergänzung das Navigieren mit Karte und Kompass beherrschen und damit „oldschool“ verfahren um die Orientierung nicht zu verlieren. Im Zuge der Tourenvorbereitung hatte Henry eine Rundtour im „Wildenburger Land“ im Raum Friesenhagen vorgesehen. Nach den theoretischen Unterrichtsinhalten wie Gelände (Karte, Wegskizze), Wetter (Internet, Prognose, Großwetterlage) und Mensch (Ausrüstung, Zeitplan, Gruppengröße) ging es an die praktische Umsetzung.
Anhand der Tourenvorgabe hatten die Teilnehmer die Aufgabe die Route in die zur Verfügung gestellten Kartenblätter (Topographische Karte im Maßstab 1:25.000) zu übertragen und eine Wegskizze zu erstellen, in der alle Eckpfeiler der Wegfindung verzeichnet sind. Dann ging es ab ins Gelände. In Fahrgemeinschaften rasten wir zum Startpunkt (Kapelle zur Schmerzhaften Muttergottes) oberhalb von Friesenhagen und starteten bei sonnigen und wolkenlosen Himmel unsere Tour. Die Orientierung erfolgte ausschließlich nach topographischen Merkmalen auf der Karte, unterstützt durch touristische Informationen, wie z.B. Bezeichnungen von Wanderwegen. Die Teilnehmer mussten dabei selbständig und abwechselnd anhand der Karte die Wanderführung übernehmen und den richtigen Weg der Gruppe vorgeben. Die Benutzung des Smartphones war strikt verboten. Auf angekündigte Leibesvisitationen zur Durchsetzung des Verbotes wurde aufgrund der aktuellen Coronalage aber verzichtet!!!!
Unser Weg führte uns zunächst über die Ziegenschlade zur Wildenburg, wo ich euphorisch mit der festen Überzeugung der Gruppe den richtigen Weg zu weisen, zusammen mit Uwe die Führung in Richtung Rochuskapelle übernahm. Die selbstsichere Stimmung war aber nicht von langer Dauer. Unser „Oberpfadfinder“ Henry machte uns, nachdem wir einige Zeit gelaufen waren, darauf aufmerksam, dass unsere gewählte Route nicht dem Tourenplan entsprach. Mit seiner Hilfe fanden wir dann auch wieder den richtigen Weg.
Bei der Rochuskapelle wurden wir dann in die Geheimnisse der Orientierung mittels Kompass eingeführt. Thema war: Einnorden der Karte, Ermitteln des eigenen Standortes mittels vorwärts und seitwärts einschneiden, Laufen nach Marschzahl, Peilung und Deklinationskorrektur. Weiter führte unsere Wanderung durch die wunderschönen herbstlichen Wälder bis zum Wasserschloss Crottorf, wo wir noch eine Bärenhöhle ohne Bär erkunden konnten. Dabei mussten wir auch einen Teilabschnitt querfeldein mittels Kompass und Marschzahl bewältigen. Die Tour führte dann über die Sank-Anna-Kapelle, wo wir eine vom letzten Herbststurm gefällte vierhundertjährige Linde in all ihrer Vergänglichkeit bewundern konnten, zum Ausgangspunkt der Wanderung zurück.
Fazit dieses Ausbildungswochenende: Ein ganz besonderer Dank geht an Henry Niemeyer, der engagiert, umfassend, informativ, praxisorientiert, interessant und kurzweilig uns die vielfältigen Aspekte des Wanderns in Gruppen im Mittelgebirge vermittelt hat. Er hat es verstanden, uns die differenzierten Themen durch den Einsatz unterschiedlicher Medien abwechslungsreich näher zu bringen. Rückblickend war es sicherlich für alle Teilnehmer ein erfolgreiches Wochenende, an das wir uns gerne erinnern. Weiter so, Henry, die nächsten Kursteilnehmer können sich jetzt schon auf deinen nächsten Kurs im neuen Jahr freuen.
Reiner Schmidt